Punkt 15.00 Uhr komme ich endlich aus dem Büro heraus, den Cyclassics-Beutel mit der Bannerrolle über den Rücken gezurrt schwinge ich mich aufs Bike und lege die Kette stramm nach rechts. Wir wollen uns heute der Faszination „Brevet“ ergeben und einem Radsport-Vortrag lauschen. Auch wenn der Wind etwas schiebt, die Zeit ist arg knapp und so trete ich bis zum Anschlag in die Pedale. Exakt 15.30 Uhr lande ich punktgenau am vereinbarten Treffpunkt, aber von Frank ist noch keine Spur zu sehen.
Sein WarmUp-Programm erwartet ihn schon, aber die ihm versprochene schöne Schaufel wartet vergebens. Nach einer Viertelstunde wird er durch seinen persönlichen Shuttle-Service zum Treffpunkt herbei chauffiert, entlädt dort sein Crossbike und muss überrascht gfeststellen, dass er komplett overdressed ist. Nein, eine Kravatte trägt er nicht. Die Temperaturerwartungen liegen jedoch weit unterhalb der aktuellen Entwicklung. So werden die dicken Winterhandschuhe und die warme Überjacke heute wohl nicht benötigt und wandern daher zurück in den Motorwagen.
Jetzt aber flink aufgesattelt, rein in die Pedale und Tempo, Tempo! Auf dem Klethener Weg träumt vor uns, in Höhe einer linksseitigen Einfahrt ein SUV- Fahrer, der die Straße in voller Breite blockiert. Genau als wir vorsorglich auf dem rechten Grünstreifen passieren, fährt er an und zieht nach rechts rüber. Oh je, das wäre beinahe in Auge gegangen! Ruhig bleiben, wir brauchen unsere Energie für den Weg zum Bahnhof. Es sind noch einige Kilometer bis Buxtehude und der Metronom wartet nicht. Auch wenn wir die fette Baustelle hinter Apensen auf dem Hyperhuckel-Radweg passieren können, wird es uns nicht mehr gelingen, an einem dieser vermaledeiten Ticketautomaten Fahrkarten zu ziehen, bevor der Zug abfährt. Kurzerhand entschließen wir uns zur velophilen Anfahrt über den St.-Pauli-Elbtunnel, während der Metronom sogleich in der Konrad-Adenauer-Allee am uns vorbei zischt. Franks Sorge abseits der Killing-Road (B73) innerhalb des engen Zeitfensters an die Landungsbrücken zu gelangen, will ich gerne entkräften, denn die Rübke-Kattwyk-Route ist mir sehr wohl verinnerlicht.
Die vom Ausbau der A26 verursachten Pistenbuckel vor Rübke sind ebenso vertraut wie die Moorburger Sandkastenbaustelle gleichen Ursprungs. Mit welcher Rücksichtslosigkeit gegenüber dem Radverkehr dieser Kraftverkehrsförderungszirkus betrieben wird, ist einfach unglaublich. Nur gut, dass wir für diverse Graveleinlagen bestens gerüstet sind. An der verkehrsleeren Kattwykbrücke, die mit Tempo 30 reglementiert ist, muss uns der Trompeten-Horst erstmal lautstark mit seinen Brummi-Tröten im Hanse-Hafen begrüßen. So dengeln wir über die Retheklappbrücke und pedalieren StVO-treu über den Ellerholzweg-Schlenker durch die Poller auf den Roßdamm und von der Ellerholzbrücke auf den Reiherdamm zur Hermann-Blohm-Straße. Deren Baustellenausschilderung wurde ganz offensichtlich von den größten Vollpfosten Hamburgs hergerichtet.
Es ist 17.30 Uhr als wir am Südportal des St.-Pauli-Eltunnels mit den Stewards des Bauwerks in die Tiefe sausen, über den neuen Kieselbelag der Oströhre den Strom unterqueren und am Nordportal von den Stewaards wieder hinauf ans Licht befördert werden. Doch so ganz trefflich war das nicht. Nicht nur dass mir auf der Südseite die Batterieladung des Garmins versagt, nein, nach dem Aufstieg ist auch das letzte Tageslicht verloschen.
Indes sind wir noch relativ gut im Zeitplan. So kann Frank, der seit dem Gravel-7 im Oktober dahin schmachet, heute sein ersehntes Fischbrötchen erhaschen. Es sind noch schlappe acht Kilometer, die wir bis zum Specialized Store in der Kollaustraße zurücklegen müssen. Franks Google-Leitsystem ist nicht sonderlich komfortabel, die Ampelschaltungen sind velo-feindlich, aber wir landen um Punkt 18.00 Uhr im Ziel. – Läuft!
Moin Patrick, moin Birte und grüß dich liebe Lena! Nach zwei großen Kelchen Gänsewein können wir uns eine herbei geschaffene Bierbank sichern und vorzüglichen Platz in der ersten Seitenreihe einnehmen. Und nun geht es los …
Lenas lebendiger Vortrag “ Faszination Brevet: Paris-Brest-Paris“ zieht die neugierigen Gäste staunend in einen Bann und läßt die vertrauten Weggefährten in Erinnerungen schwelgen. Dank einer erfrischenden Snackpause erhalten die mitgerissenen Zuhörer auch Gelegenheit zum Auffüllen ihrer Carbo-Speicher und können mit voller Aufmerksamkeit in den zweite Streckenteil des Vortrags einrollen. – Lena hat Faszination ausgelöst und ein einige Menschen neugirig gemacht, ob sie denn auch ihrer Leistungs-Grenzen er-fahren oder er-radeln können
Für unsere Rückfahrt schließen wir die Bahn wegen der inzwischen niedrigen Taktfrequenz aus und überlegen kurz. ob wir uns bei Markus einen Finkenwerder Kaffee abholen sollen. Doch der bescheidene Fährplan und der kräftige Wind aus Südwest raten uns deutlich ab.
Wir rollen nochmals durch die Moorburger Sandkiste und finden Dank günstiger Geländeausleuchtung einen beschaulichen Hintergrund für Kontrollfoto.
Bis Buxtehude nagt der steife Südwest reichlich an den Beinen der verwegenen Graveler. Die Versorgung mit Cola, Kaffee und warmen Brötchen treibt uns nachfolgend aber wieder unermüdlich voran.
Wir haben wieder reichlich Kräfte sammeln können und so schlagen um 01.30 Uhr nach 160 Kilometern wieder am Start auf.