Kalter Frühlingsstart und 100 Jahre Flandernrundfahrt

Nach einer faulen Woche schlüpfe ich anlässlich der 97e Ronde Van Vlaanderen gerne einmal in mein Original-DERONDE-Trikot (made in Italy) um später auf ein Gelato an der Eisdiele zu landen.

Heute ist Sonntag, der 17. März und es ist lausig kalt. Tags zuvor hatte Stefan beim ARA Schleswig-Holstein in Kiel zum BRM200 um die Schlei eben mal 16 Starter zählen können und Michael lockte mit dem Brevet Frühjahrsbegegnung ab Aumühle auch nur 14 Helden in die Sättel. So treffe ich an diesem Sonntagmorgen mit meinem Hardtail MTB am Vereinheim auf Thomas, der ebenfalls auf eine Geländetour vorberetet ist. Zu unserer Überraschung rollen dann gleich drei unserer Roadbiker ein, denen offentsichtlich irgendein Frühlingswetterfrosch etwas in die Ohren geflüstert hat. Es sind Rainer, Heiko und Torsten. Der eisige Wind pfeift ihnen kräftig um die Ohren und so brechen sie auch sofort zu ihrer Tour auf. Heiko wird hinterher berichten, dass er die „sonnigen Jungs“ schon in Hatzte verloren hat und er selbst nach zweieinhalb Stunden bei einsetzemden Schneetreiben auch an seine Grenzen gelangt ist. Rainer schlägt in der Kälte direkt seinen Heimatkurs an und Torsten tut es ihm wohl gleich. Derweil cruisen Thomas und ich mit unseren MTB ausgiebig durch die Wälder und über die Felder entlang Oste von Offensen bis Kuhmühlen. Das Schneegestöber lässt bei uns hingegen erst richtige Stimmung aufkommen. Unser prickelndes Finish verläuft über Boitzen und bringt uns über Heeslingen zurück in die Ahe. Nach solch einem Ritt reicht der Cappuccino nicht, da müssen auch noch drei Kugeln lecker‘ Eis her.

Am Samstag darauf, dem 23. März, taucht auf unserer Vereinssitzung neben der Frage nach dem tieferen Sinn von Vereinskleidung auch ein leckerer Butterkuchen auf. Der Genuss der ultra-leckeren Kuchen von den Damen des MTSV Selsingen bleibt uns heute leider verwehrt, denn dort wurde die Saisoneröffnungstour „kältebedingt“ abgesetzt. Ebenfalls fällt heute der 300er des Audaxclub Schleswig-Holstein aus. Doch dort, wo der Schnee am übelsten zugeschlagen hat, mitten im Harz, lassen sich 25 Piloten von Wind, Eiseskälteund teils kräftigen Schneeverwehungen nicht zurückhalten. Zum BRM200 des ARA Niedersachsen geht es in Wolfenbüttel pünktlich um 9.00 Uhr auf die verschneite Strecke.

Inzwischen ist es Sonntag, der 24. März. Kalt ist es, windig ist es, aber trocken und es bestehen gute Aussichten darauf, dass es auch troken bleibt. Ich kann nicht umhin, das Roadbike zusatteln. Am Vereinsheim treffe ich wiederum nur auf Thomas mit MTB und viel kalten Wind. Da die Zeit bereits reif ist, entschließen wir uns auch sogleich, jeder für sich auf Tour zu gehen und uns danac

h an der Eisdiele einzufinden. Dem steifen Wind entgegen drücke ich über Steddorf nach Rammshausen, ziehe einen Schlenker über Freetz und Kalbe um dann über Weertzen, Feyersen, Frankenbostel zurück zu fliegen. Offensichtlich verläuft der Rückflug ungeahnt schnell und so ziehe ich noch eben eine Schlaufe über Westtangente, Südring und Praun um danach punktgenau an der Eisdiele zu landen. Thomas erwartet mich bereits zu Cappuccino und Gelato. Später erreichen mich Berichte, dass Rainer ebenfalls mit dem Roadbike unterwegs war und eine Begenung mit unserem Roadbike-Puristen Steffen hatte. Dieser war sich ganz sicher: „Die Konkurrenz schläft nicht!“

Wieder ist es Samstag, es ist der 30. April. In den letzten fünf Tagen war ich kaum mehr als fünf Kilometer am Stück unterwegs. Kein Wunder, dass ich am frühen Abend angesichts der eingekehrten Windruhe nicht umhin kann, mich heute noch auf das Roadbike zu setzen. Die Kurbeln tragen den Druck, der auf den Pedalen liegt, satt weiter und so kann ich wenigstens eine sportive Runde mit wenigen Schneeflöckchen über Worphausen und Karlshöfen rollen, wenn ich schon nicht bei der heutigen Jedermannauflage der Flandernrundfahrt dabei sein kann. Ebenso wenig ist mein Ritt mit Pietros BRM300 beim Aurore Cyclo Sortiesclub in Anderlecht vergleichbar, doch ich genehmige mir nach den süßen 70 Kilometern dennoch drei Kugeln vom Gelato. Die letzte Nacht war aufgrund der Sommerzeitumstellung eine Stunde kürzer, aber ich bleibe einfach mal noch eine weitere Stunde länger liegen. Nach ausgiebigem Osterfrühstück schwinge ich mich kurz vor 12.00 Uhr aufs Roadbike, um den aktiven Jungs an der Eisdiele „hallo“ zu sagen. Doch Claudio hat wohl selbst so viele Eier gegessen, dass er seine Türen besser zu lässt. Auf dem Markplatz treffe ich indes nur Rainer an, der im Trikot vom  Weisser-Ring seine Tour ebenfalls hierher hat führen lassen. In Ermangelung an Cappuccino-Service treten wir locker und plaudernd nach Ippensen. Irgendetwas säuselt Rainer unterwegs irgendetwas von „Gegenwind“, aber kann ich das nicht richtig zuordnen. So schwenkt er zu seiner Ranch ab während ich unmittelbar darauf einen Reiter vom Blau-Weiss Buchholz erspähe. Aus Richtung Ahlerstedt kommt mir ein satter Head-Wind entgegen und Druck auf die Pedale. Noch vor dem Abzweig Vierden passiere ich den Buchholzer mit einem freundlichen „alez, alez!“ und hoffe, dass ich ihn nicht all zu sehr erschreckt habe. Der Blick auf den Windpark verrät mir ganz deutlich, dass das hier die richtige Richtung für ein sattes Training ist. Ich genieße den holländischen Berg bis ich Bockholt passiert habe. Über Klein Hollenbeck hole ich Schwung und genieße heute, am Elite-Tag von DE RONDE das flämische Kopfsteinpflaster an der Primuskirche in Bargstedt ganz besonders. Entsprechend angestachelt rolle ich unter Hochdruck ins leuchtturmfreie Pondon der Stader Geest zum bretonischen Wendepunkt an der Atlantikküste. Hier muss ich schnell ein Foto schießen und trete sodann weiter bis Farven. Mit dem Wind im Nacken tritt sich der Homerun über Sasenholz und Brauel wie im Fluge. Auch wenn Tom Boonen bereits nach 19 Kilometern ausgeschieden ist, so macht die Leistung des Schweizers Fabian Cancellara den passiven Radsport von Helden am Koppenberg zu einem wahren Hochgenuss.

FROHE OSTERN !