Zeitfahren Hamburg-Berlin, Audaxclub Schleswig-Holstein, 11. Oktober 2014, 271 km

Zum Saisonabschuss noch nach Berlin rollen,

“ W A S   F Ü R   E I N   T A G ! „

Wer vor seinem Start auf dem Altengammer Hauptdeich, dem östlichsten Zipfel vom Hamburg,  noch am gemeinsamen Frühstück, um 6.00 Uhr, beim Langen, dem Wirt vom Fährhaus teilnehmen will, der muss schon recht früh aufstehen. Heiko Gall ist pünktlich vor Ort und geht in diesem Jahr bereits zum fünften Mal an den Start. Er wird hierzu von seiner Familie begleitet und danach von ihr auf die lange Streckenach Berlin geschickt.Nach seinem Debüt 2009 in einem Zweierteam, folgte 2010 auch ein Ritt auf dem Zevener Tandem „Robert“ mit dem Leitsatz, „Giving Up is no Option!“. In diesem Jahr wagt er sich in einem Quintett namens „Team Wiegetritt“ auf die Strecke.

Nun zum dritten Mal am Start ist Jan Lahde. Zweimal jährlich schert er aus der Reihe der Hansa-Piloten aus und steht dann ganz im Bann  seines Zweitvereins, dem 1. Fahrradclub St.-Pauli.  Das ist zum einen bei der Organisation der RTF „Kaperfahrt“ in Barsbüttel und zum anderen beim „Solo für Pauli“ auf dem Weg nach Berlin, das sich in diesem Jahr zu früher Stunde als Trio auf die Reise an den Wannsee wagt. Bemerkenswert ist dabei, dass es sogar einen internen Wettstreit zu einem weiteren Team des 1. Fahrradclub St.-Pauli gibt und diese beiden Teams sich haargenau an die Auflagen eines Zeitfahrens halten, somit keinerlei Zusammenarbeit untereinander oder mit anderen Fahrern dulden.

Ganz außer der Wertung, aber nicht weniger enschlossen geht heute Joachim Neuhaus auf die Strecke. Er hat zwar die offizielle Anmeldefrist versäumt, aber er stellt sich dennoch zum zweiten Mal dieser Herausforderung, der Langstrecke zum Saisonabschluss. Noch ist es völlig dunkel am Altengammer Hauptdeich. Während unten im Fährhaus des Langen ein reger Betrieb beim Verkosten von Frühstücksbroten und Kaffee herrscht, ist es oben auf dem Deich besinnlich ruhig. Trotz des fühen Nebels ist der leuchtende Pavillon der Anmeldung weithin sichtbar und mutet fast außerirdisch an. Mit seiner strahlenden Leuchte am Lenker, einem kleinem Rücklicht an der Sattelstütze und einem Rucksack voller Überraschungen beginnt Joachim Neuhaus seinen Frühritt, der ihn zunächstüber die Elbbrücke nach Geesthach und dann wieter entlang der Elbe führen wird, bis er bei Dömitz wieder die Elbe queren wird.

Vierter im Bunde der Zevener Piloten ist Bernd Kaminski. Wiederum wollte es Hamburg-Berlin auf dem Tandem „Robert“ bestreiten. Die Trainingsvorbereitungen hatten schon zeitig begonnen, doch kurz vor Meldeschluss ist ihm sein Stoker Lui „abhanden gekommen“: „Ich glaub, das halte ich nicht durch!“. So stand der Captain des Zevener Tandems plötzlich allein auf der Brücke und musste kurzfristig umdisponieren. „wenn das Wetter mitspielt, dann lässt sich die Strecke, die besonders im östlichen Teil mit generalüberholten Fahrbahnbelägen glänzt, auch mit einem Zeitfahrrad abspulen. So wurden am Zeitrad kurzerhand spezielle Getränkehalter und Vorrichtungen zur Befestigung des GPS-Gerätes installiert. Dann aber kam die plötzliche Wende…Nur weniger Tage vor dem Wettstreit entschloss sich die Hansa-Pilotin Michaela Matheis zu ihrer ersten Langstrecken-Prüfung, „denn das Wetter scheint gut zu werden!“. Das kam allerdings nicht von irgendwo her, denn vor wenigen Wochen hatte Michaela Matheis ihren männlichen Kameraden im alpinen Ritt gezeigt, wie leicht man (mit gewichtiger körperlicher Leichtigkeit) auf die Gipfel hinaufradeln kann. Heute rollt sie als Stoker des Tandems „Robert“ in ihrer routinierten Leichtigkeit über Hügel von Hitzacker und ist beim Fotoschuss auf Strecke noch top motiviert. Nur wenige Minuten werden dem Kontrollstopp hinter der Elbbrücke von Dömitz geschenkt, die nach deutsch-deutscher Wiedervereinigung zu einen wiedererschaffenen Verbindungspunkt zwischen Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern wurde. Nach einer kurzen Wiederbegegnung mit dem „Solo für Pauli“ zieht der Zweisitzer dynamisch durch Havelberg und erreicht nach etwa 200 Kilometern den vielen Veteranen wohl vertrauten Supermarkt von Rhinow. Jedes Jahr herrst dort und bei seinem kleinen Bäckerladen ein Ausnahmezustand, der rein radsportlicher Natur ist. Hier trifft das Gespann auch auf das fünfköpfige Team Wiegetritt, mit dem Heiko Gall in diesem Jahr unterwegs ist. Nach ausgiebiger Rast nimmt man hier wieder gemeinsam Fahrt auf. Mit dem Wiegepulver war im Vorfeld besonders flott losgefeuert worden und machte dann der Vierpedaldampfer auf den letzten 80 Kilometern in die Hauptstadt die Flugschneise frei. Dem Schwung der Synchronkette konnte Michaela Matheis sich nicht entziehen und so sorgte sie durchweg für Volldampf, der entscheidend zum frühen Erreichen der Badewanne Berlins beigeträgt. Der Kopf ist einfach nur glücklich und müden Beine sind kaum noch zu spüren, auch wenn sie von der Last der Strecke deutlichst gezeichnet sind.

Es ist also vollbracht, doch vor dem wärmenden Tee oder dem zünftigem Bier gilt es zunächst noch ein fototechnisches Zieldokument zu erstellen. Wer besser kann das leisten, als der Burkhard mit dem scharfen Fotofinger. Auch wenn ihm die unprofessionelle Technik des Streichelhandys widerstrebt, so gelingt ihm auch hiermit ein sicherer Treffer.

Natürlich kommen auch die St.-Pauli-Piloten im Ziel an.

… zum Pressebericht

Am Tag darauf erobern drei der Zevener Rennradpiloten auf zwei Fahrrädern die Bundeshauptspadt …