ARA Weserbergland, Großenwieden, 10. April 2010, Brevet 200

Etwas später als geplant treffe ich am Freitagabend in der Radfahrer-Pension „Hof Klostermann“ in Hess.Oldendorf-Großenwieden ein. Das kleine Dörflein am Weserradwanderweg besitzt eine idyllische Lage unmittelbar an der Mittelweser zwischen Rinteln und Hameln und erlaubt einen ausschweifenden Blick auf die netten „Hügel“ rundherum. Das Dörfchen besitzt sogar eine eigene kleine Fähre, die alljährlich in die ARA-Brevets und den Lauenauer Radmarathon eingebunden wird.

In unmittelbarer Nähe der Fähre befinden sich auf der Startort, der Hof von Uwe Krohne und die Radfahrer-Pension. In der Pension begegne ich nach der viel zu langen Winterpause dem liebenswerten Endspurt-Hamburger Joachim – es gibt viel zu erzählen! Später treffen noch drei weitere Radler ein, neue Gesichter aus Lüneburg, Bremen und einer, der von irgendwo mit der Bahn angereist ist. Während Joachim sich in ein Buch zurückzieht, schlürfe ich mit den anderen dreien noch ein zünftiges Schlummerbier. Um 6.45 Uhr finden wir fünf uns wieder alle beim Frühstück zusammen. Besonderes Highlight in dieser Pension ist die üppige Auswahl selbstgemachter Marmeladen, die nicht nur lecker sind, sondern auch vortrefflicher Kohlenhydrate-Lieferant für das heutige Unterfangen.

Infolge des leckeren Frühstücks treffe ich auch erst kurz nach 7.30 Uhr bei Uwe ein. Der Hof steht rappelvoll mit PKWs, aus denen die Randonneure neben den Rädern nun ihre ganz persönlichen Kleinigkeiten auspacken, die ihnen die Tour annehmlich machen sollen. Uwe ist durch den üppigen Ansturm von ca. 45 Teilnehmern sichtlich überrollt und so suche ich mir meine Startunterlagen kurzum selbst heraus. Ein Randonneur ist noch nicht da: Der Endspurtler Michael. Hatte er beim 300er im Vorjahr doch einen besonderen Startauftritt mit seinem Felgenriss hingelegt, so trifft er in diesem Jahr in Erwartung von Joachim „Just-In-Time“ ein. Mit minimaler Verzögerung kann Uwe bei immerhin 5,6 Grad Celsius nun die allgemeine Begrüßung vornehmen und weist die Teilnehmer darauf hin, dass die „liebevoll designten“ Rahmenschildschen nicht die StVO aushebeln werden, sondern „vielleicht“ bei „Controles Secrets“ zur Anwendung kommen werden.

Der unbändige Radlerpulk setzt sich in Bewegung, begibt sich auf die Fähre und „wo ist der Fährmann?“

Der Ferryman hat die Ruhe weg, steckt sich erst mal ´ne Fluppe an und setzt dann den alten Diesel in Betrieb.

Das Highspeed-Wasserfahrzeug setzt die ungeduldigen Radler endlich am linken Weserufer ab und so nehmen diese um 8.17 Uhr ihre Fahrt auf. Die anfängliche Geschlossenheit hält kaum bis zu ersten Kontrolle bei Kilometer 23 in Extertal. Danach trennen sich recht schnell Spreu und Weizen oder Wagemut und Übermut. Ganz kurz vor der zweiten Kontrolle erreichen wir am Gipfel eines knackigen Anstieges eine Geheimkontrolle des ACP.

Bereits vier Minuten später, um 9.55 Uhr treffen wir dann an der zweiten Kontrolle in Kalletal ein – „hoffentlich hat da niemand den letzten Anstieg ausgelassen!“ Zu viert strampeln wir nun vorne an, bis „unser Bahnfahrer“ kurz vor Lichtenhagen einbricht und sich von der Gruppe absetzen will. Mein Versuch eine Pullerpause zum Fortbestand der Gruppe zu arrangieren, mündet leider darin dass, „unser Bahnfahrer“ immer noch nicht richtig mitziehen will, die anderen beiden aber abgedüst sind und ich ohne GPS auf der Strecke stehe. Glücklicherweise gibt es bis zur 110 km-Kontrolle in Hehlen nur drei Abzweigungen und so kann ich die Ausreisser um 12.18 Uhr noch einfangen. Ebenso trifft wenig später auch Uwe mit seiner Gruppe der Lokalmathadoren ein. Gemeinsam setzten wir unseren Ritt fort. Knackig ziehen wir weiter über das für das Weserbergland so typische Sägezahnprofil und erreichen vereint um 13.38 Uhr die 140 km-Kontrolle in Alfeld. Kurz darauf verdrängt die Sonne die Wolken und wir geniessen ihre Strahlen und die satten 13 Grad mit Wonne. Mit dieser Unterstützung geht der Tritt flott voran und die Stimmung steigt. Leider muss ich knapp 20 km vor dem Ziel schnell ein Bäumchen suchen und kann die Gruppe nicht wieder einfangen. Diese letzten Tritte sind doch schnell genommen und so kann auch ich nach insgesamt 200 km um 16.09 Uhr ins Ziellokal, die Eisdiele in Hessisch-Oldendorf einkehren und dort einen leckeren Cappuchino geniessen.

Nachdem sich der große Ansturm in der Eisdiele gelegt hat, verlagern wir uns wieder zu Uwes Elternhaus in Großenwieden.

Seine Ma betüddelt die eintreffenden Randonneure und Randonneusen liebevoll mit Kaffee, unzähligen Kuchenarten und leckerer Brühe, dass es Uwe bei der inzwischen großen Menge an Teilnehmern fast unangenehm ist: Das ist ja fast, wie wenn man immer mehr wilde Tauben anlockt.

Fazit: Es war mal wieder toll bei Uwe und ich finde es ganz schade, dass mir die Termine seiner weiteren Brevets nicht in den Plan passen. Spöttisch antwortet er dann mal wieder, „wer von euch Nordlichtern sich nicht ins Weserbergland traut, der verdrückt sich eben nach Wolfenbüttel!“ Soll Uwe nur mäkeln, Christian wird mir für den 300er und 600er schon genug Überraschungen in Harz und Umgebung vorhalten. 

Der Weg ist das Ziel!

Großenwieden – Extertal Bösinghausen – Kalletal Hohenhausen – Brevörde – Hehlen – Alfeld – Hessisch Oldendorf 200 km

(8 Heures 9 minutes)